Vögel mit gänzlich weißem Gefieder sind in der Natur recht selten. In Deutschland
sind es eigentlich nur Schwäne, die sich eine derart auffällige Kleidung leisten.
Seit einigen Jahren haben sie jedoch am Dümmer Konkurrenz bekommen, und zwar durch
den „großen Bruder“ des Graureihers. Nahezu jeder Besucher der Dümmergegend kennt
den Graureiher, der regungslos auf Wiesen steht, um Mäusen aufzulauern, oder still
an Gewässern ausharrt, um Fische zu erbeuten, unscheinbar und unauffällig. Meist
bemerkt man ihn erst, wenn er davonfliegt.
Ganz anders ein mit 89 cm etwas größerer Verwandter mit Namen Silberreiher (wissenschaftlich:
Egretta alba). Dieser leuchtet strahlend weiß aus den grünen Wiesen hervor und ist
mindestens bereits aus einer Entfernung von 1000 Metern als weißer Fleck zu erkennen.
Aber nicht nur die Farbe unterscheidet die beiden Arten. Während der Graureiher sein
Nest auf Bäumen anlegt, ist der Silberreiher ein Bodenbrüter. Um ausreichend gegen
Nesträuber geschützt zu sein, wählt er einen Nistplatz in weit ausgedehnten Röhrichten,
in denen er trotz seiner auffälligen Erscheinung unauffindbar ist.
Der Silberreiher ist ursprünglich ein Brutvogel wärmerer Länder. Das nächstgelegene
Brutgebiet war lange Zeit der Neusiedler See in Österreich. In den 1990er Jahren
hat der Vogel jedoch einen großen Sprung nach Norden gemacht und ist jetzt regelmäßiger
Brutvogel in sogenannten „Naturentwicklungsgebieten“ in den Niederlanden. Diese positive
Entwicklung zeigt, dass sich das Schicksal einer Art doch noch einmal wenden kann,
denn gegen Ende des 19. Jahrhunderts war der Vogel durch Verfolgung durch den Menschen
fast ausgerottet worden. Der Grund für die Verfolgung waren meist die bis zu 50 cm
langen filigranen Rückenfedern, die der Vogel zur Brutzeit besitzt und deren man
habhaft werden wollte. Über ein halbes Jahrhundert brauchte der Reiher um sich von
den Nachstellungen zu erholen.
Der Silberreiher hat allerdings nicht nur sein Brutgebiet nach Norden ausgedehnt,
auch den Winter verbringt er zunehmend im nördlichen Nieselregen, anstatt nach Afrika
oder an das Mittelmeer zu ziehen. War der Vogel am Dümmer bis 1990 eine Ausnahmeerscheinung,
nahmen in den Folgejahren die Beobachtungen stetig zu. Im Winter 2007/08 wurden von
den Ornithologen des Naturschutzring Dümmer bereits über 250 der weißen Reiher rund
um den See gesichtet. Es bestehen somit gute Chancen einen dieser auffälligen Vögel
bei einem Ausflug zum Dümmer zu erspähen.